Ein Kindergartentag

Morgens zwischen 7:00 – 8:30 Uhr werden alle Kinder gebracht.
In der ersten halben bis dreiviertel Stunde stehen die Türen der Gruppenräume noch offen und die Kinder finden sich in Neigungsgruppen zusammen, verabschieden sich von den Eltern und werden von uns begrüsst.

Dann spielen oder malen sie bei Wencke oder Rüdiger im Gruppenraum oder besuchen Ulrike in der „kleinen Gruppe“. Die Kinder nennen uns beim Vornamen, wir finden diese Anrede kindgerechter und persönlicher.

Der erste Abschnitt des Kindergartentages besteht aus Frühstücksvorbereitungen und Freispiel. Drei Kinder haben sich in der Puppenecke eingefunden und beginnen zu „Kochen“. Töpfe und Schälchen werden mit Kastanien (Kartoffeln) gefüllt, Streukäse wird hergestellt (geriebene Korken), Muscheln und Steinchen bereichern das Angebot. Bald gibt es Papas Lieblingsgericht. Zwei Kinder setzen sich sofort an den Maltisch um Bilder zu malen. „Das werden unsere Zirkusplakate, holt ihr schon mal Tücher und Wäscheklammern für das Zelt!“ Puppen werden spazieren gefahren, dann gefüttert und anschließend umgebettet. Der Puppenwagen wird mit Bauklötzen gefüllt. „Das ist jetzt die Post!“

Bis 8:30 Uhr sind alle Kinder im Gruppenraum angekommen. Die Kinder können nun bei der Zubereitung des Frühstücks helfen oder ihrem individuellen Spiel nachgehen. Piet und Elke fragen nach einem Tisch, um sich eine Höhle zu bauen. Klaus und Peter brauchen noch zwei Bänke für den Zirkus, die sie aus dem Flur holen. Nebenbei bauen drei kleinere Kinder viele Holztiere zu einem Bauernhof auf, Asthölzer dienen als Begrenzungen und viele Kastanien als Futter. Einige Kinder sind fleissig am Weben. Spätestens ab dem fünften Geburtstag bekommt jedes Kindergartenkind seinen Webrahmen, den es in der Freispielzeit eigenständig benutzen kann.

Durch unsere Art das Freispiel zu gestalten, werden die Kinder in ihrer Eigenaktivität gefördert. Die Erzieher stehen natürlich als gute Vorbilder zur Seite, tätig werden soll aber das Kind. „Guck mal, unsere Eisenbahn ist fertig!“ „Wir können doch Krankenhaus spielen.“ Zwei Spielständer werden zusammengeschoben, bunte Tücher darüber gelegt, Kissen auf dem Fußboden verteilt. Fertig ist das Krankenhaus. „Du musst untersucht werden, dein Baby kommt doch bald.“ Auch der Zirkus ist schon fertig erstellt, und vier Tiger klettern fauchend über die aufgestellten Bänke. Die Verkleidungssachen werden geholt, bunte Umhänge und die Kochmütze werden gebraucht.

Die einfachen Spielmaterialien lassen sich vielseitig einsetzen. Je nach Fantasie der Kinder kann der Bauklotz einmal das Ultraschallgerät im Krankenhaus sein, später die Bohrmaschine und dann die Milchflasche im Kaufladen. Das fantasievolle Spiel der Kinder regt auch die stilleren, schüchternen Kinder zum Mitmachen an.

Aus dem Zirkus ist nach einiger Zeit ein Einkaufsladen geworden und die Post hat alle Pakete ausgeliefert. Nun können die Puppen wieder in den Puppenwagen zurück.
Nebenbei sind alle Motorikaktivitäten (siehe Wochenplan) abgeschlossen, der Obstsalat und der Grießbrei sind fertig.

Das Freispiel neigt sich dem Ende zu. Ein Kind darf das Glöckchen holen, das die Einräumzeit einläutet. Nun soll gerne alles wieder an seinen Platz zurück oder so angeordnet werden, dass alle Kinder einen Platz am Tisch erhalten und eine erkennbare Ordnung im Gruppenraum wieder hergestellt ist.

Für einige Minuten liegt jetzt die Konzentration auf der Gemeinsamkeit der Gruppe. Eine Schlange wird gebildet, d. h. alle Kinder fassen sich an den Händen und bilden einen Kreis. Lieder, passend zur Jahres- und Festeszeit, werden gesungen; Gedichte oder Fingerspiele gesprochen und von Gesten begleitet dargeboten. Immer darauf bedacht, dass die Kinder Ton, Wort und Geste aufnehmen und selbst nachahmend tätig werden. Diese geführte Bewegung, die wie ein kleines rhythmisches Spiel aufgebaut ist, nennen wir Morgenreigen. In der Winterzeit z. B. :

Lied: „Schneeflöckchen Weißröckchen…“
Gedicht: „Der See hat eine Haut bekommen…“ von Chr. Morgenstern
Lied: „Kommet all und seht, vor dem Hause steht…“

Nach diesem Reigenspiel zieht die Kinderschlange in die Waschräume, um die Hände zu waschen. Im Anschluss finden sich die Kinder in kleinen Gruppen an ihrem Frühstücks-tisch ein. Wenn alle einen Platz gefunden haben, verteilen wir ein Pflegeöl für die Hände, begleitet von dem Lied: „Goldtröpfchen, du musst wandern…“. Um den gemeinsamen Tischspruch zu sprechen, reichen wir uns die Hände und warten auf die nötige Ruhe.

„Das Brot vom Korn, das Korn vom Licht…“

Nach diesem Spruch wird das Essen und Trinken verteilt. Dabei helfen immer einige Kinder mit (siehe Wochenplan). Diese gemeinsame Mahlzeit erscheint uns gerade in der heutigen Zeit als eine wichtige Einrichtung, um den bewussten Umgang mit Nahrungsmitteln zu pflegen. Natürlich darf während des Frühstücks auch die Zeit genutzt werden, um mit den Nachbarn am Tisch Neuigkeiten und Erzählungen auszutauschen.
Ein Spruch oder ein Lied beendet das Frühstück und in kleinen Gruppen geht es zum Zähneputzen. Nebenbei werden die Tische abgeräumt und geputzt und ein Stuhlkreis gebildet.
In diesem Abschlusskreis werden regelmässig kleine Geschichten oder Märchen erzählt oder vorgelesen. Genau wie im Morgenreigen, wiederholen sich diese an mehreren Tagen. Durch diese Wiederholungen können auch die kleineren Kinder in unseren altersgemischten Gruppen dem Geschehen gut folgen. Das schafft Sicherheit. Die älteren Kinder lernen oft Melodie und Text sehr schnell auswendig, auch ganze Abschnitte der Geschichten können sie mitsprechen.
Je nach Jahreszeit und Wetterlage gehen die Kinder nun in unseren schönen Spielgarten oder verweilen zum zweiten Freispiel im Gruppenraum. Manchmal ergeben sich dann Besuche in der Nachbargruppe oder man trifft sich in einer größeren Gruppe zum gemeinsamen Spiel im Mehrzweckraum.

In der Zeit von 12:00 – 13:30 Uhr werden die Kinder wieder abgeholt. Auch jetzt besteht nochmals die Möglichkeit mit den Eltern Informationen oder Besonderheiten des Tages zu besprechen.